Sollte ich lieber eine Werbeagentur beschäftigen oder den Auftrag doch lieber dem Freelancer erteilen? Was sind denn die Vorteile einer Werbeagentur bzw. eines Freelancers? Und was sind die konkreten Unterschiede zwischen einer Agentur und einem Einzelkämpfer?
Bevor ich mich nun der Argumentation widme, sollte vorher noch beschrieben werden, was eigentlich genau eine Werbeagentur ist und was ein Freelancer macht. Sicherlich sind beide Dienstleister und bieten irgendwie ähnliche Sachen an.
Was ist eine Werbeagentur?
Streng genommen ist eine Agentur keine gesetzliche Rechtsform. Man kann keine Agentur beim Gewerbeamt anmelden. Nur das Anmelden eines Gewerbes ist die einzige Voraussetzung, um sich Agentur zu nennen. Dies ist auch als Einzelperson (aber nur mit Gewerbeschein) möglich. Da der Freelancer jedoch als Freiberufler arbeitet, darf er sich nicht Werbeagentur nennen, da er kein Gewerbe angemeldet hat und somit auch keinen Gewerbeschein besitzt.
Eine Werbeagentur bietet ein vergleichsweise breites Spektrum an Dienstleistungen an. So entsteht in einer Agentur das komplette Produkt – von der Konzeptionierung über die Planung bis hin zur Umsetzung. Wie der Name schon sagt, kümmert sich eine Werbeagentur dabei um die Werbung und Kommunikation für ein Unternehmen.
Was ist ein Freelancer?
Den Begriff Freelancer gibt es rein rechtlich gesehen in Deutschland nicht. Er gilt jedoch meist als Synonym für Freiberufler. Freiberufler sind Tätigkeiten, die nicht der Gewerbeordnung unterliegen. Freiberufler haben also kein Gewerbe sondern bieten eine Dienstleistung an, die aus der schöpferischen Tätigkeit des Freiberuflers entsteht. Freelancer arbeiten meist selbstständig und bestimmen ihren Tagesablauf individuell.
Freelancer bzw. Freiberufler kann jedoch nicht jeder werden. Er braucht eine besondere Qualifikation, die er durch seine Ausbildung nachweist. Die Tätigkeitsbereiche können wissenschaftlicher, künstlerischer, schriftstellerischer, unterrichtender oder erzieherischer Art sein. Katalogberufe wie Heilpraktiker, Unternehmensberater und einige Medienberufe werden als Freiberufler eingestuft. Diese Berufe unterliegen nicht der Gewerbeordnung und definieren sich nach § 18 Einkommenssteuergesetz (EStG) und § 1 Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG).
Freiberufler sind also Einzelpersonen, die für größere Projekte auch mal weitere Personen beauftragen können. Der Freelancer darf jedoch nie auf eine Dienstleistung eines anderen einen Gewinn aufschlagen und ihn so zum eigentlichen Kunden weiterreichen – sein Gewinn muss aus seiner schöpferischen Tätigkeit erbracht werden.
Vorteile einer Werbeagentur
Auch wenn Werbeagenturen aus einer Person bestehen können, setzen sich die meisten Agenturen doch aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Mitarbeitern zusammen. Und hier liegt der Vorteil einer Werbeagentur: Viele unterschiedliche Spezialisten kümmern sich um die Realisierung von Aufträgen. Dabei übernimmt meist jeder Mitarbeiter der Agentur ein Aufgabenteil (Beratung, Projektmanagment, Kreation, Umsetzung).
Man könnte annehmen, dass die Spezialisierungen zur größeren Qualität der Dienstleistung führen. Meine eigenen Erfahrungen mit Kunden, die beispielsweise von Agenturen zu mir kommen ist jedoch manchmal gegenteilig. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Die langen Kommunikationswege in der Agentur lassen Informationen, die vom Kunden kommen verschwinden bzw. verwässern. Aber ich glaube, dieses Thema würde einen weiteren Blogartikel füllen.
Werbeagenturen können durch ihre Größe auch sehr große bzw. komplexe (viele Kompetenzen werden gebraucht) Aufträge bearbeiten – ein Freelancer kann hier sicherlich auch auf andere Freelancer zurückgreifen, bei einer Agentur passiert jedoch alles in einer inHouse Funktionalität.
Vorteile eines Freelancers
Ein weiteres Argument für den Freiberufler ist der direkte Kontakt zum Kunden. Dieser Vorteil wird oft unterschätzt. Der Freelancer ist Fachmann und kann im direkten Gespräch dem Kunden sofort sagen, was geht und was eben nicht geht – während der Kundenkontakt in einer Agentur meist über einen „Verkäufer“ zustande kommt. Dieser Verkäufer hat oft nur oberflächliche Kenntnisse vom Fach und kann bei bestimmten tiefergehenden fachlichen Fragen nur spekulieren – sonst wäre er nicht Verkäufer. An dieser Stelle soll nicht der Ruf des Verkäufers ruiniert werden. Aber es sind tatsächlich meine Erfahrungen, die zu diesen Ausführungen führen. Selbstverständlich gibt es auch Verkäufer, die ihr Fach verstehen – leider sind diese nach meiner Meinung selten zu finden.
Ob und wieweit der Freelancer besser qualifiziert ist, auch darüber kann man nur spekulieren.
Wann passt ein Freelancer zu mir?
Die Argumente für Freelancer habe ich ja bereits erläutert. Bedeutet das nun, ich brauche ein Freelancer wenn ich einen guten Preis haben will und den direkten Kontakt schätze? Nicht zwangsläufig!
Wenn Sie jedoch ein sehr großes Projekt haben und das Endprodukt noch keine feste Form hat, bzw. bisher kein eindeutiger Prozess geschaffen wurde, um zu diesem Endprodukt zu kommen, sollten Sie lieber eine Agentur beauftragen. Dabei rede ich jedoch nicht von beispielsweise einem Erklärvideo oder einer Website. Das sind in der Relation eher kleinere Projekte. Mit komplexem Projekt ist zum Beispiel eine Plattform für Musikverkäufe gemeint. Dazu kommt dann das Online-Marketing (Bewerbung on- wie auch offline), die Suchmaschinenoptimierung und das Bespielen mehrerer Marketing–Channels. Solche komplexen Projekte bewegen sich allerdings hinsichtlich Kosten auch im fünf bis sechs stelligen Bereich. Ein Einzelner hat hier nicht alle Kompetenzen, um alle Aufgaben auf einem sehr hohen Niveau zu erfüllen, geschweige denn die Zeit.
Sollten Sie jedoch eine einfache bis mittel-komplexe Website benötigen, können sie ohne Bedenken einen Freelancer beauftragen.
Ein Freelancer ist auch empfehlenswert, wenn das Projekt bzw. die Anforderungen an das Endprodukt überschaubar und klar definiert sind.
Wann passt eine Agentur zu mir?
Sie brauchen ein wirklich sehr gutes Endprodukt und greifen deshalb zur Agentur? Diese Meinung habe ich schon oft gehört: Wir brauchen etwas wirklich Gutes und deshalb brauchen wir eine große Werbeagentur. Diesen Zusammenhang (Große Agentur → große Leistung) kann ich jedoch nicht nachvollziehen. Das Sprichwort „viel hilft viel“ hat in der Vergangenheit des öfteren schon nicht funktioniert. Ein Freelancer kann ein ebenso so gutes Produkt abliefern. Aufgrund seiner teilweise extremen Spezialisierung haben Nischenprodukte von Freelancern eine höhere Qualität als von Agenturen.
Agenturen bieten jedoch ein ausgeprägtes Projektmanagement, welches für größere, komplexe Projekte (Beispiel: iTunes Konkurrenz Plattform) unabdingbar ist. Hier sollte auf jeden Fall eine Agentur gewählt werden.
Werbeagenturen sollten, wie oben schon beschrieben, auch bei sehr großen Projekten gewählt werden, da der einzelne Freelancer hier schnell an seine zeitlichen Grenzen stößt. Obgleich Freelancer meist auf ein Netzwerk von anderen Freelancern zurückgreifen können, bietet das Projektmanagement in einer Agentur eine größere Sicherheit für den Kunden.
Weiterhin brauchen Sie umfassende Beratung und kennen Ihr Problem – jedoch nicht genau die Problemlösung? Dann sollten Sie sich für die Beratung einer Werbeagentur entscheiden. Hier rede ich jedoch nicht von der Hebamme um die Ecke, die ein bisschen Werbung machen will, sondern von mittelständischen Firmen, die Werbebudgets im fünfstelligen Bereich geplant haben.
Rum wie num: Ob Werbeagentur oder Freelancer muss auch im Einzelfall entschieden werden. Aus meinen eigen Erfahrungen kann ich hinzufügen, dass einer Werbeagentur von vielen Kunden meist bessere Ergebnisse zugetraut werden – hier sehe ich jedoch keinen Zusammenhang. Das ist für mich auch nicht verständlich.
Haben Sie auch Erfahrungen mit Freelancern bzw. Werbeagenturen gemacht? Dann schreiben Sie doch Ihre Meinung in die Kommentare.